Thüringens Wirtschaftsministerin Colette Boos-John hat sich für eine Stärkung der Industrieforschung in Deutschland ausgesprochen. „Innovation ist das Adrenalin für unsere Wirtschaft. Forschung und neue Technologien sichern unseren Unternehmen den Vorsprung im globalen Wettbewerb. Statt geplanter Kürzungen muss der Bund die Innovationsförderung deshalb mindestens verstetigen“, sagte die Ministerin heute bei einem Treffen mit dem Vorstand des Forschungs und Technologieverbunds Thüringen (FTVT) in Rudolstadt.
Sie kritisierte vor allem die geplante Reduzierung beim „Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM) im Haushaltsentwurf des Bundes um 116 Millionen Euro auf dann noch 520 Millionen Euro. „Sicherlich kann und muss in Bund und Land in vielen Bereichen gespart werden, vor allem bei konsumtiven Ausgaben. Das Zusammenstreichen der Mittel für die Industrieforschung ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aber der falsche Weg“, so die Ministerin. Dies gefährde über Jahre aufgebaute technologische Kompetenzen auch in Thüringen.
Der FTVT ist der Zusammenschluss der zehn wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen in Thüringen und zugleich die Thüringer Landesvertretung in der bundesweiten Industrieforschungsgemeinschaft „Konrad Zuse“. Die Forschungsprofile der Thüringer Mitglieder-Institute reichen von der Mikrosensorik, Medizintechnik und Biotechnologie über die Fertigungstechnik, Bau- und Materialforschung, Werkstoff-, Textil- und Kunststoffforschung bis zur angewandten Wasserstoffforschung. Die Einrichtungen haben zusammen rund 900 Beschäftigte und erwirtschaften einen Jahresumsatz von 90 Millionen Euro. „Die wirtschaftsnahen Institute sorgen dafür, dass aus Forschung schnell marktfähige Produkte werden“, sagte Boos-John. „Darauf beruht ein Großteil unseres wirtschaftlichen Erfolgs als Industrieland.“ Das Land hat die zehn Forschungseinrichtungen seit 2014 mit rund 44 Millionen Euro aus verschiedenen Förderprogrammen unterstützt. Aktuell läuft ein weiterer Förderaufruf im Programm WINAFO Invest, mit dem Geräteinvestitionen im Gesamtumfang von fünf Millionen Euro unterstützt werden können. Zudem fördert das Wirtschaftsministerium die FTVT-Geschäftsstelle seit November 2024 (bis April 2027) mit 264.000 Euro.
„Wir brauchen auch in Zukunft eine starke Industrieforschung in Deutschland“, sagte die Wirtschaftsministerin. „Das ist unser wichtigster Transmissionsriemen aus der Wissenschaft in die mittelständische Wirtschaft.“ Angesichts der Herausforderungen des Strukturwandels in vielen Branchen, der Transformation der Energiesysteme, aber auch der härter werdenden Konkurrenz um die Technologieführerschaft etwa bei Künstlicher Intelligenz, Biotechnologie, Mikroelektronik oder neuen Speichertechnologien müsse man an dieser Stelle „nicht kleckern, sondern klotzen“. Von zentraler Bedeutung seien dafür Bundesprogramme, die speziell auf kleine und mittlere Unternehmen ausgerichtet sind, wie INNO-KOM („Förderung der Innovationskompetenz mit gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen“) und das ZIM. „Die Planungsunsicherheit und das schwierige Antragsgeschehen für die Bundesförderung macht vielen Instituten derzeit eine solide Personal- und Finanzplanung unmöglich. Es ist deshalb wichtig, diese Instrumente wieder bedarfsgerecht auszustatten, bürokratische Hürden abzubauen und den Zugang zu den Mitteln zu vereinfachen.“
An dem Gespräch in Rudolstadt nahmen der Vorsitzende des FTVT, Benjamin Redlingshöfer, zugleich Direktor des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoffforschung (TITK), Rudolstadt; Thomas Brock, FTVT-Vorstand und Geschäftsführer des CiS Institut für Mikrosensorik, Erfurt; sowie die neue FTVT-Geschäftsführerin Julia Eschment teil.
Stephan Krauß
Pressesprecher