Der fehlende Bundeshaushalt bremst die Industrieforschung in Deutschland aus. Aus wichtigen Innovationsförderprogrammen des Bundes könne derzeit kein Geld für neue Technologie- und Entwicklungsprojekte im Mittelstand bereitgestellt werden, sagte Thüringens Wirtschaftsstaatssekretär Mario Suckert heute auf der Wirtschaftsministerkonferenz von Bund und Ländern in Stuttgart. Betroffen von diesem faktischen Förderstopp sind u.a. das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), die Förderung der Innovationskompetenz gemeinnütziger Industrieforschungseinrichtungen (INNO-KOM) und die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF). Der vorübergehende Wegfall dieser Förderung und die damit verbundene Planungsunsicherheit stelle eine erhebliche Belastung gerade für wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen dar, die sich zu großen Teilen über Forschungsaufträge finanzieren, so der Staatssekretär: „Hier drohen technologische Kompetenzen und qualifizierte Fachkräfte verloren zu gehen – zum Schaden des Wirtschaftsstandorts Deutschland.“ Allein bei den wirtschaftsnahen Instituten in Thüringen könne in diesem Jahr ein Förderdefizit von sieben Millionen Euro entstehen. Auf Antrag Thüringens fordert die Wirtschaftsministerkonferenz die Bundesregierung deshalb auf, zügig haushaltsrechtliche Übergangslösungen zu schaffen und eine kontinuierliche Fortführung der Industrieforschung in Deutschland zu sichern. Dies sei um so wichtiger, weil der Bundeshaushalt für das laufende Jahr voraussichtlich erst im September verabschiedet werde, so Suckert.
Auch in Thüringen sind insgesamt zehn wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen mit zusammen 900 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 90 Millionen Euro ansässig. Ihre Forschungsprofile reichen von der Mikrosensorik, Medizintechnik und Biotechnologie über die Fertigungstechnik, Bau- und Materialforschung, Werkstoff-, Textil- und Kunststoffforschung bis zur angewandten Wasserstoffforschung. „Mit ihrem Know-how sorgen sie dafür, dass aus Forschung schnell marktfähige Produkte werden, mit denen sich die Unternehmen im globalen Wettbewerb behaupten können“, sagte Suckert. Das Land hat die Einrichtungen seit 2014 mit knapp 50 Millionen Euro aus verschiedenen Förderprogrammen unterstützt. Vom Bund erwarte man daher, seinen Beitrag zum Erhalt dieser Forschungsstrukturen und damit zur Innovationsfähigkeit der Thüringer Wirtschaft zu leisten. „Die momentane Handlungsunfähigkeit beim Bundeshaushalt muss schnellstmöglich beendet und die bestehende Förderlücke geschlossen werden“, so der Staatssekretär.
Im Mittelpunkt der Wirtschaftsministerkonferenz stand daneben vor allem der Austausch mit der neuen Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche. Dabei unterstrichen die Länder die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Sie begrüßten in diesem Zusammenhang den gestrigen Beschluss des Bundeskabinetts für ein Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Standorts Deutschland, mahnten darüber hinaus aber in der Diskussion mit der Bundesministerin auch eine schnelle Umsetzung weiterer im Koalitionsvertrag verankerter Maßnahmen an. Aus Thüringer Sicht besonders wichtig sind dabei wirksame Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise, der Zubau steuerbarer Kraftwerkskapazitäten, der Bürokratieabbau, Investitionen in Zukunftstechnologien in besonders vom Strukturwandel betroffenen Regionen sowie die zügige Vorlage eines Errichtungsgesetzes für das Infrastruktur-Sondervermögen, damit auch der Länderanteil kurzfristig bereitgestellt werden kann.
Darüber hinaus nahm die Wirtschaftsministerkonferenz in ihrer diesjährigen Sitzung die Rahmenbedingungen für Gründungen und Start-ups besonders in den Blick. Gefordert wurden in diesem Zusammenhang insbesondere Erleichterungen bei Berichts- und Statistikpflichten, Flexibilisierungen im Arbeitsrecht, die der besonderen Situation junger, schnell wachsender Unternehmen Rechnung tragen, ein verbesserter Zugang von Start-ups zu Kapitalmärkten durch regulatorische Erleichterungen, verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen für Investoren sowie die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung staatlicher Unterstützungsprogramme im Finanzierungsbereich (vor allem Bereitstellung von Wagniskapital, Bürgschaften).
Stephan Krauß
Pressesprecher