Die Agrarministerkonferenz der Länder (AMK) hat sich auf Antrag Thüringens für eine bessere Unterstützung finanzschwacher Kommunen im ländlichen Raum ausgesprochen. Diese Städte und Gemeinden sollen dauerhaft mit einem erhöhten Satz von bis zu 90 Prozent aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) gefördert werden können, sagte Thüringens Agrarministerin Colette Boos-John nach der AMK-Sitzung heute in Baden-Baden. Der GAK-Regelfördersatz liegt aktuell bei 65 Prozent.
„Mit dem erhöhten Fördersatz wollen wir die kommunalen Gestaltungsspielräume für Investitionen in die ländliche Entwicklung ausweiten“, so die Ministerin. Viele Gemeinden könnten die notwendigen Eigenanteile für Förderprojekte nicht mehr aufbringen. „Das bedeutet, dass die Mittel nicht mehr in den strukturschwächeren Gebieten ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Die GAK-Förderung würde dann nicht mehr für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgen, sondern die Schere zwischen finanzstarken und finanzschwächeren Kommunen weiter auseinandertreiben. Dem wollen wir entgegenwirken.“ Die Bundesregierung sei nun aufgefordert, die entsprechende Änderung im GAK-Rahmenplan vorzunehmen.
Konkret geht es bei der geplanten Änderung um den Förderbereich „Integrierte Ländliche Entwicklung“ (ILE) der GAK. Daraus werden beispielsweise Vorhaben zur Verbesserung der Grundversorgung mit Lebensmitteln und Gastronomie, kleine Unternehmen und Existenzgründer, die Schaffung von Wohnraum und der Erhalt historischer Bausubstanz, der Bau und die Sanierung von Dorfstraßen, Landwirtschafts- und Radwegen oder der Ausbau von Freizeitangeboten und Naherholungsmöglichkeiten gefördert. Aktuell besteht hier noch eine befristete Ausnahmeregelung für eine maximal 90-prozentige Förderung, die allerdings Ende 2025 wieder ausläuft. „Es ist wichtig, diese Regelung zu entfristen, damit die Kommunen Planungssicherheit bekommen“, sagte die Ministerin. Seit Einführung der Ausnahmeregelung im Jahr 2021 haben insgesamt über 800 Thüringer Kommunen mehr als 110 Millionen Euro aus der GAK-ILE erhalten. Darunter waren mehr als 200 Vorhaben in finanzschwächeren Kommunen, die mit über 20 Millionen Euro nach dem vorübergehend erhöhten Fördersatz unterstützt wurden. Als finanzschwach gelten Städte und Gemeinden, die zu den 50 Prozent der Kommunen mit der geringsten Steuerkraft je Einwohner zählen.
Hinsichtlich der geplanten Änderungen bei den Direktzahlungen hat sich die AMK auf den Grundsatz verständigt, keine neuen Öko-Regeln einzuführen. Thüringen hatte die Vorschläge des Bundes bspw. für eine Weideprämie für Milchkühe und zusätzliche Maßnahmen für Artenvielfalt – wie die meisten anderen Bundesländer – wegen des damit verbundenen erhöhten Verwaltungs- und Finanzierungsaufwands zu Lasten der Direktzahlungen abgelehnt. Stattdessen wurde ein Prüfauftrag zur Anpassung der Öko-Regelung 4 (Ausweitung von Dauergrünland) auch für Milchviehbetriebe erteilt. „Aus Thüringer Sicht ist allerdings klar, dass die Kostendeckung für solche Maßnahmen nicht zulasten der Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe gehen darf“, sagte die Landwirtschaftsministerin. Zudem biete der Freistaat bereits eigene Programme zur gezielten Förderung von Tierwohl und Artenvielfalt an.
Weiter kontroverse Themen blieben die geplante Novellierung des Düngegesetzes und die Umsetzung der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur. Beide Vorhaben stellten die Länder und die landwirtschaftlichen Betriebe vor gravierende finanzielle und bürokratische Hürden und seien in der aktuellen Form nicht umsetzbar, sagte die Landwirtschaftsministerin. Mit Blick auf das Düngegesetz halte Thüringen insbesondere an der Abschaffung der darin vorgesehenen Stoffstrombilanz und an der Forderung nach Einführung eines schlankeren und zugleich zielgenauen Monitorings von Nitratbelastungen fest. Bei der EU-Verordnung für die Wiederherstellung der Natur sieht eine Mehrheit der Bundesländer – darunter Thüringen – den Zeitplan als unrealistisch an und fordert den Bund daher auf, sich auf EU-Ebene für eine Aufhebung einzusetzen. Auch sind konkrete Finanzierungsfragen der vorgesehenen umfangreichen Maßnahmen weiterhin ungeklärt.
Scharf verurteilt habe die AMK darüber hinaus die jüngsten Angriffe auf den Präsidenten des Bayerischen Bauernverbands, Günther Felßner, sagte Boos-John weiter. „Die Angriffe auf Felßner, seine Familie und Mitarbeiter waren absolut inakzeptabel und widersprechen allen Grundsätzen einer demokratischen Gesellschaft“, so die Ministerin. „Davon distanzieren wir uns ausdrücklich.“ Es müsse möglich sein und bleiben, dass sich Praktiker aus der Landwirtschaft in der Politik engagieren. „Dies mit Einschüchterung und Gewalt verhindern zu wollen, muss entschieden abgewehrt werden.“
Die Agrarministerkonferenz (AMK) ist die zentrale politische Fachkonferenz für die Agrar- und Forstwirtschaft und den ländlichen Raum. An der Konferenz nehmen die Agrarministerinnen und -minister der Länder teil. Vorsitzland der Konferenz ist in diesem Jahr Baden-Württemberg. Die AMK tagt regelmäßig zweimal im Jahr. Nach der Frühjahrstagung vom 26. bis 28. März in Baden-Baden findet die Herbst-AMK vom 24. bis 26. September 2025 in Heidelberg statt.
Stephan Krauß
Pressesprecher