Thüringen will seine Handelsbeziehungen mit dem Ausland auf eine breitere Basis stellen und damit krisenfester machen. Neben den USA als derzeit wichtigstem Außenhandelspartner müsse es künftig darum gehen, weltweit auch andere Exportmärkte besser zu erschließen, sagte Thüringens Wirtschaftsministerin Colette Boos-John heute in Erfurt. Das sei auch ein Fazit des vor gut einer Woche zu Ende gegangenen Besuchs einer Thüringer Unternehmer- und Hochschuldelegation in die Vereinigten Staaten.
„Die USA werden selbstverständlich auf absehbare Zeit der wichtigste Auslandsmarkt für die Thüringer Wirtschaft bleiben“, so die Ministerin. Angesichts der aktuell „wenig planbaren“ Rahmenbedingungen im US-Außenhandel werde Thüringen aber verstärkt auch andere Zielmärkte in den Fokus nehmen. „Für einen Wirtschaftsstandort wie Thüringen ist es ein Gebot der Vernunft, sich außenwirtschaftlich nicht allzu sehr von einzelnen Partnern abhängig zu machen, sondern ein möglichst weites Netz von Handelsbeziehungen aufzubauen“, sagte die Ministerin. „Daran wollen wir in den kommenden Jahren verstärkt arbeiten.“ Die Landesregierung werde die Unternehmen dabei unterstützen, Geschäftskontakte und Kooperationen in unterschiedlichen Ländern aufzubauen.
So plane das Land noch in diesem Jahr eine Delegationsreise nach China, für das kommende Jahr prüfe man – in Abhängigkeit von der Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit der Mercosur-Region – ein ähnliches Angebot für Südamerika. Unterstützung erhalten die Unternehmen bei ihren Exportaktivitäten durch den Bereich „Thüringen International“ bei der LEG Thüringen, der u.a. Informationsveranstaltungen durchführt, Messegemeinschaftsstände und Unternehmerreisen (mit und ohne politische Begleitung) organisiert. Solche Unternehmerreisen führen in diesem Jahr u.a noch nach Frankreich, in die Türkei, nach Südafrika, Indien und Vietnam. Hinzu kommen Auslandsbeauftragte bspw. in China, Indien, Vietnam und Südafrika, die den Unternehmen bei der regionalen Marktbearbeitung zur Seite stehen.
Daneben unterstützt das Wirtschaftsministerium die exportorientierten Unternehmen auch finanziell bei der Anbahnung von Geschäftskontakten und Messeteilnahmen im Ausland. Die dafür vorgesehene Außenwirtschaftsförderung des Landes war 2024 gegenüber dem Vorjahr von 1,7 auf 2,1 Millionen Euro gestiegen, die damit unterstützten Ausgaben der Unternehmen kletterten von 3,7 auf 5,0 Milionen Euro. Vor allem die Zahl der Messeteilnahmen stieg von 320 auf 391 deutlich an – und hat längst auch das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 (298 Messen) hinter sich gelassen.
„Das zeigt: Die Unternehmen lassen sich von den geopolitischen Unsicherheiten derzeit nicht abschrecken und suchen weiterhin ihre Chancen im Export“, sagte Boos-John. Das gelte auch für den Zielmarkt USA, auf dem die Thüringer Wirtschaft ihre Ausfuhren im letzten Jahr noch einmal deutlich auf gut 2,2 Milliarden Euro (2023: 1,9 Milliarden Euro) steigern konnte. Insgesamt zog die Wirtschaftsministerin auch ein positives Fazit der Delegationsreise nach Washington, New York und Boston im Mai dieses Jahres. Aus wirtschaftlicher Perspektive seien besonders das Bekenntnis von Harry’s Inc. zum weiteren Ausbau des Standorts Eisfeld und die geplante Einrichtung eines Thüringer Auslandsbüros in New York hervorzuheben. Daneben werde eine engere Zusammenarbeit mit der Bloomberg Foundation und eine Bildungskooperation mit der Harvard University und dem Massachussetts Institute of Technology (MIT) angestrebt.
Im Hinblick auf den in dieser Woche anstehenden Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz bei US-Präsident Donald Trump in Washington sagte die Ministerin, sie hoffe auf eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. „Bundeskanzler Merz hat sich schon vor einiger Zeit dafür ausgesprochen, alle Zollschranken zwischen Europa und Nordamerika abzubauen. Darin kann ich ihn nur bestärken. Unsere Wirtschaft hat ein berechtigtes Interesse an niedrigen Zöllen und klaren Regularien. Möglicherweise ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, die Gespräche darüber wiederaufzunehmen.“
Stephan Krauß
Pressesprecher