Mit dem „Thüringer Mittelstandsbericht“ will Wirtschaftsministerin Colette Boos-John eine umfassende Analyse des Wirtschaftsstandorts Thüringen vorlegen und darauf die zukünftige Wirtschaftsstrategie des Landes aufbauen. Der Bericht solle eine vertiefte Untersuchung der ökonomischen Situation und Perspektiven Thüringens liefern, so die Ministerin. „Es geht darum, wieder eine gesamtwirtschaftliche Vision für den Wirtschaftsstandort Thüringen zu entwickeln.“ Den Startschuss für die Erarbeitung gab die Ministerin in dieser Woche bei einem vom Wirtschaftsministerium ausgerichteten Workshop zu „Perspektiven der regionalen Strukturpolitik“ im Sparkassen-Finanzzentrum in Erfurt. Als Referenten und Impulsgeber mit dabei waren Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung (Dresden), der Bundesagentur für Arbeit, des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (Karlsruhe), des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, des Economica-Instituts für Wirtschaftsforschung (Wien) und der Schweizer BAK Economics AG (Basel).
Wo liegen Chancen für zukünftiges Wirtschaftswachstum in Thüringen? Welche Trends werden die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat in Zukunft bestimmen? Wie kann Thüringen im Standortwettbewerb noch besser werden? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Die Diskussionen hätten zweierlei unterstrichen, so die Ministerin: „Zum einen brauchen wir den Mut, Strukturwandel im Land zuzulassen. Zum anderen braucht es eine klare Fokussierung der Landesausgaben auf für die Wirtschaftsentwicklung wichtigen Bereiche wie Infrastruktur, Innovation und die Unterstützung von Investitionen.“
Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre müsse alle wirtschaftlichen Akteure mit Sorge erfüllen, sagte die Ministerin. „Nach zwei Jahren mit rückläufigem Bruttoinlandsprodukt wird es auch 2025 in Deutschland und Thüringen absehbar kaum Wachstum geben.“ Innerhalb Deutschlands drohe Thüringen zudem den Anschluss an die wirtschaftsstarken Bundesländer zu verlieren. Dies habe weniger konjunkturelle, als vielmehr strukturelle Gründe – von der demografischen Entwicklung über die Investitionszurückhaltung in für Thüringen wichtigen Branchen, hohe Energiekosten und Steuern bis zu staatlicher Überregulierung praktisch aller Wirtschaftsbereiche.
„Handlungsbedarf zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besteht vor allem auf Bundesebene. Aber auch das Land wird seine Hausaufgaben machen. Wir werden analysieren, in welchen Bereichen wir besser werden müssen, damit wieder mehr wirtschaftliche Dynamik in Thüringen entstehen kann“, sagte die Ministerin weiter. Die neue Landesregierung werde Wirtschaftspolitik und attraktive Standortbedingungen wieder in den Mittelpunkt der Landespolitik rücken, so Boos-John. Die notwendigen strategischen Weichenstellungen sollen auf der Grundlage einer gründlichen wirtschaftlichen Bestandsaufnahme vorgenommen werden.
An dem Expertenworkshop im Sparkassen-Finanzzentrum Erfurt am Mittwoch nahmen rund 40 Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien, Kammern und Verbänden der Wirtschaft, Gewerkschaften, Bundesarbeitsagentur sowie von Landeseinrichtungen wie Thüringer Aufbaubank und Landesentwicklungsgesellschaft teil. Zu den eingeladenen Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten zählten Prof. Dr. Joachim Ragnitz (ifo-Institut), Dr. Gerd Zika (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg), Dr. Andrea Wagner (BAK Economics AG), Dr. Thomas Stahlecker (Fraunhofer-ISI), Dr. Mirko Titze (IWH Halle) sowie Prof. Dr. Christian Helmenstein (Economica-Institut).
Stephan Krauß
Pressesprecher